Nicht erst seit den Berichten der letzten Wochen kann es keinen Zweifel daran geben, dass Klimaschutz unsere oberste politische Priorität sein muss. Die Konsequenzen, angefangen mit hunderten Millionen Menschen auf der Flucht, weltweit unzähligen neuen Konflikten und noch mehr Hunger, bis hin zur Gefahr eines Dominoeffekts von sich selbst verstärkenden Effekten, der die Erde schließlich für Menschen unbewohnbar machen würde, könnten dramatischer nicht sein. Es gibt für seriöse Politik keine Alternative zu schnellem und radikalem Umsteuern zugunsten von Klimaschutz, das hat auch Ralph letzte Woche noch einmal deutlich gemacht.
Doch Klimaschutz kostet Geld, richtig viel Geld sogar. Klimaschutzziele ernst zu nehmen heißt deshalb nicht nur, ein ambitioniertes Bündel Maßnahmen ins Wahlprogramm zu schreiben, sondern auch über Geld zu reden. Alles andere wäre nicht nur unehrlich, sondern würde auch spätestens in Koalitionsverhandlungen und Haushaltsverhandlungen wieder rausfliegen und die schönen Ziele begraben. Das können wir uns nicht leisten, denn beim Klimaschutz muss es jetzt richtig schnell gehen. Reden wir also über Geld.
1. Ausgaben: Warum ist Klimaschutz so teuer?
Beispiel Heizenergie: Damit Bremens Gebäude hinreichend saniert werden, werden wir richtig viel Geld in die Hand nehmen müssen, für Förderprogramme, für Informationskampagnen, für Stadtteilprojekte usw. Auch eine kommunale Wärmeplanung und die Realisierung von Nah- und Fernwärmegebieten, die mit nachhaltiger Wärme gespeist werden, wird teuer. Wir brauchen Geld für Suffizienz im Gebäudebereich, durch Wohnungstauschbörsen, Umzugs- und Umbauhilfen. Wir brauchen Geld für nachhaltiges Bauen (z. B. auf Holzbasis), ob als Förderung oder bei der eigenen GEWOBA. Wir brauchen Geld für schnelles und ambitioniertes Sanieren aller öffentlichen Gebäude.
Beispiel Verkehr: Wir brauchen ein Vielfaches mehr Geld für Fuß- und Radverkehrsinfrastruktur, für den Umbau von der autogerechten zur menschengerechten Stadt, für neue Brücken und vor allen Dingen (weil leider so teuer) für Ausbau und Vergünstigung von ÖPNV, von neuen Straßenbahnlinien und S-Bahn-Haltepunkten bis zur Elektrifizierung der Busflotte. Um diese Maßnahmen umzusetzen, brauchen wir außerdem mehr Personal in der Verwaltung.
Auch in anderen Bereichen sind Gelder notwendig. Beispielsweise bei der Photovoltaik, auch hier können lokale Projekte und Informationskampagnen helfen, Bremer*innen zum Investieren zu bewegen. Mit energiekonsens haben wir eine Klimaschutzagentur, die das kann – aber die hat längst nicht das Geld, das in der Breite durchzusetzen. Auch die eigenen öffentlichen Gebäude müssen schnell flächendeckend mit Photovoltaik ausgerüstet werden. Und wir brauchen Geld, um Unternehmen dazu zu bewegen, in Energieeffizienz und Klimaschutz zu investieren.
Wenn wir Außenwerbung einschränken, um Konsumanreize zu reduzieren, werden uns Einnahmen entgehen. Wenn wir den Bremer Flughafen einschränken, zum Beispiel, indem wir zunächst Flüge über kurze Distanz (Frankfurt, Stuttgart, Amsterdam, München) streichen, könnte das zu Einnahmeausfällen führen. Wenn wir öffentliche Mensen und Kantinen auf pflanzliche Ernährung ausrichten wollen, wird das Geld kosten, für Ausbildung von Köch*innen, Informationskampagnen und womöglich anfanglich reduzierte Umsätze. Und schließlich könnten und sollten wir, für Klimaschutz und Klimaanpassung, auch massiv Bäume pflanzen und Wälder anlegen.
Man kann sich leicht vorstellen, dass diese Ausgaben die 100 Mio. € im Jahr locker übersteigen. Irgendwo muss dieses Geld herkommen.
2. Einnahmen: Wie kann Bremen das Geld aufbringen?
Was vor diesem Hintergrund besonders schmerzt ist das Streichen der Kita-Gebühren. 25 Mio. im Jahr wird uns das zukünftig kosten. Das ist weit mehr als das Zehnfache des aktuellen Radverkehrsetats. Und es schmerzt besonders, weil die Kitagebühren eine der wenigen Möglichkeiten sind, die Bremen hat, durch Umverteilung auch direkt finanziell für soziale Gerechtigkeit zu sorgen. Jetzt werden Gut- und Besserverdienende entlastet, obwohl in Umfragen sogar Mehrheiten erklären, sie würden für gute Kitas gerne Geld bezahlen. Doch Investitionen in die Qualität der Kitas werden mit 25 Mio. € weniger im Haushalt auch nicht leichter, das Geld hätte in beides investiert werden können: gute Kitas und Klimaschutz.
Noch besser ist es aber natürlich, wenn das Geld so eingenommen wird, dass der Vorgang selbst noch zum Klimaschutz beiträgt. Zwei Beispiele mit solcher Lenkungswirkung habe ich schon einmal in einer Meinung am Freitag vorgeschlagen. Erstens eine kommunale Wohnraumsteuer, ab 40 m² pro Person und progressiv ansteigend, die dafür sorgt, dass Heizenergie gespart wird, Verkehrswege kürzer werden und Wohnraum frei wird für größere Familien und WGs.
Und als zweites Instrument hohe Parkgebühren. Dass Parken im öffentlichen Raum überall Geld kosten soll, ist in der Zwischenzeit grüne Beschlusslage geworden, doch über die Höhe scheint es noch verschiedene Vorstellungen zu geben. Anwohner*innenparken kann beispielsweise Pendler*innen aus der Stadt halten, setzt aber mit 25 € im Jahr keinerlei Anreize, das eigene Auto abzuschaffen – und bringt auch keine so dringend benötigten Einnahmen für den Klimaschutz. Mein Appell deshalb: Lasst uns im Wahlprogramm konkret werden und Zahlen nennen. Kein Parkplatz im öffentlichen Raum unter 50 € im Monat. Angefangen mit der Innenstadt, über die Jahre steigend, und idealerweise noch teurer für SUV und Co.
Ähnlich ließen sich vielleicht auch Flughafengebühren erhöhen, um Geld zu generieren und die eine oder andere Flugverbindung für die Fluggesellschaften unattraktiv zu machen. Überfällig, aber vermutlich ohne große Mehreinnahmen wäre es, wesentlich mehr Geld dafür zu verlangen, Zigarettenstummel und anderen Müll einfach auf die Straße oder in die Umwelt zu werfen. Und natürlich ist auch die Bundesebene gefordert, nicht nur beim Klimaschutz selbst, sondern auch fürs dafür benötigte Geld. Joachim hat sich bei der Umweltminister*innenkonferenz für eine CO2-Steuer eingesetzt, es liegt an der Bundesregierung, diese endlich zu realisieren. Aber wenn die Bundesregierung schläft, müssen wir in Bremen trotzdem – oder erst recht – alles tun, was möglich ist.
Wo sonst könnte also Geld eingenommen werden, ob mit oder ohne Lenkungswirkung zum Klimaschutz? Wo hat Bremen politische Handhabe und realistische Perspektiven, Gebühren oder Steuern zu erhöhen? Wo könnte nach all den Jahren der Haushaltssanierung noch weiter gekürzt werden, um Gelder für Klimaschutz frei zu machen? Solche Überlegungen machen keinen Spaß, aber sie sind notwendig, um Klimaschutz ernsthaft zu betreiben. Und mit den oben skizzierten Maßnahmen würde Bremen nicht nur klimafreundlicher, sondern auch viel lebenswerter – das Geld ist folglich auch für Bremer*innen gut investiert. Also: Vorschläge willkommen!
Dieser Text ist als „Meinung am Freitag“ im Newsletter der Bremer Grünen erschienen.