Das Problem: Wir sind meilenweit davon entfernt, die in Paris vereinbarten Ziele zu erreichen, auch in Bremen. Das gilt, trotz Fortschritten bei der Gebäudesanierung, auch fürs Bauen und Wohnen. Wenn wir den Klimaschutz ernst nehmen, müssen wir neue Maßnahmen finden. Wir beschäftigen uns in der Politik bislang viel mit Effizienz (z. B. über Dämmmaßnahmen) und Konsistenz (z. B. Heizen mit Erneuerbaren Energien), also mit technischen Innovationen. Aber die dritte Säule der Nachhaltigkeitsstrategien kommt wie so häufig zu kurz: die Suffizienz, also soziale Innovationen und Verhaltensänderungen.
Beim Wohnen heißt Suffizienz vor allen Dingen: weniger Wohnraum pro Person. Beispielsweise hat sich seit 1970 zwar die Gebäudeenergietechnik massiv verbessert, durch gute Dämmung, dichte Fenster und effiziente Heizkessel. Doch während Menschen damals auf durchschnittlich 25 Quadratmetern pro Person gelebt haben, sind es heute 45. Dadurch verbrauchen wir heute genauso viel Heizenergie wie vor fast fünf Jahrzehnten.
Unsere Politik setzt dieser Entwicklung bislang keinen Riegel vor. Wo die Nachfrage nach Wohnraum dessen Angebot übersteigt, wird gebaut. Dabei bedeuten Neubauten nicht nur immer mehr Platz pro Person – auch der Bau selbst ist schon klimaschädlich. Deshalb müssen wir in erster Linie am anderen Ende ansetzen: nicht beim Wohnraumangebot, sondern bei der Nachfrage.
Mögliche Lösungsansätze:
- eine kommunale Wohnraumsteuer, die z. B. ab 40 m² pro Person greift, progressiv ansteigt und damit Anreize bietet, in kleinere Wohnungen zu ziehen
- ein Flächenversiegelungsmoratorium, das die effizientere Ausnutzung urbaner Flächen befördert und dem absurden Flächenfraß von täglich 70 Hektar allein in Deutschland ein Ende setzt
- Ansätze, die es beispielsweise jungen Familien und alleinstehenden Senior*innen vereinfachen, ihre Wohnungen miteinander zu tauschen, wie Wohnungstauschbörsen, Umzugsprämien und Regelungen, die damit einhergehende Mieterhöhungen verhindern.
So eine Politik wäre gleich doppelt klimafreundlich: Sie trägt zum Beispiel auch zu mehr gemeinschaftlichem Wohnen bei. Das ist nicht nur sozialpolitisch gut, sondern fördert auch, Dinge gemeinschaftlich zu nutzen, sei es die WG-Küche, die Bohrmaschine, das Lastenfahrrad oder das Car-Sharing-Auto. Und wenn mehr Menschen auf weniger Raum leben, werden auch die Transportwege kürzer. Das heißt: mehr Fußverkehr, mehr Radverkehr, weniger Gründe für private Autos. Bei der Gelegenheit sollte deshalb gleich, längst überfällig, die Regelung abgeschafft werden, dass Neubauten mit PKW-Parkplätzen ausgestattet werden müssen.
Nächstes Jahr ist Bürgerschaftswahl, und wir müssen der Bevölkerung glaubhaft erklären, wie wir sehr schnell sehr große Verbesserungen beim Klimaschutz erreichen wollen. Leicht wird das sowieso nicht. Aber ohne Anreize für weniger Wohnraum pro Person wird das kaum funktionieren.
Der Kommentar ist als „Meinung am Freitag“ im Newsletter der Bremer Grünen erschienen.